Im Gespräch: Hanaa Dahy über Biomaterialien und Bauinnovation

Assoc.-Prof. Hanaa Dahy ist Architektin, Materialforscherin und Gründerin von BioMat. Seit über 15 Jahren entwickelt sie biobasierte Baustoffe aus agrarischen Reststoffen und kombiniert diese mit digitalen Fertigungstechnologien. Im Gespräch mit Melissa Acker (Studio Sustainable Matter) berichtet sie von ihrem Werdegang, den Potenzialen von Stroh, Flachs & Co. und den strukturellen Hürden für innovative Materialien. Das Interview entstand im Frühjahr 2025 im Zuge der Materialrecherche für die IBA’27 durch Biobased Creations.

Beschreiben Sie Ihren persönlichen Hintergrund bzw. Lebensweg – wie sind Sie in die Welt des nachhaltigen Bauens gekommen und was ist Ihre derzeitige Rolle bzw. Berufsbezeichnung? 

Hanaa Dahy: Ich wollte eigentlich schon als kleines Kind Architektin werden. Meine Mutter war auch Architektin und Professorin und in meiner Familie gab es mehrere Bauunternehmen. Ich habe in Kairo Architectural Engineering studiert – also Architektur-Ingenieurwesen. Mein Bachelorstudium an der Ain Shams Universität in Kairo, das ganze zehn Semester umfasste, war sehr technisch ausgelegt – beispielsweise umfasste es auch Materialienwissenschaften und Engineering Chemistry. Diese technische Tiefe hat mir später sehr geholfen, mich in der Materialentwicklung sicher zu bewegen. Eine intensive, interdisziplinäre Ausbildung, die sowohl gestalterische als auch technische Kompetenzen vermittelt. 2003 schloss ich mit Auszeichnung meinen Bachelor ab und 2006 meinen Master. Mein erstes Büro gründete ich in Kairo. In Ägypten bin ich in der Ingenieurkammer registriert, während ich hier in Deutschland inzwischen Mitglied der Architektenkammer bin.

2009 kam ich nach Deutschland um meine Promotion zu beginnen und arbeitete dafür bis 2014 an der Universität Stuttgart an einem Institut, das primär auf Bauingenieurwesen spezialisiert ist. Dort hatte ich die Möglichkeit, mich weiter auf Materialinnovationen in der Richtung Biomaterialien zu fokussieren. Mein großes Thema wurde die Wiederverwendung agrarischer Reststoffe – insbesondere Reisstroh.

»Warum verbrennen wir diese Ressource, wenn sie Potenzial für industrielle Anwendungen hat?«
Assoc.-Prof. Hanaa Dahy

Der Auslöser dafür war ein Umweltproblem in meiner Heimat Ägypten – die »Schwarze Wolke«, eine massive Luftverschmutzung, die durch das Abbrennen von Reisstroh nach der Ernte verursacht wird. Ich fragte mich: Warum verbrennen wir diese Ressource, wenn sie Potenzial für industrielle Anwendungen hat? Schnell stellte sich heraus, dass es sich nicht um ein lokales, sondern ein globales Problem handelt – dass weltweit diese Art der offenen Verbrennung stattfindet. Meine Dissertation beschäftigte sich daher mit der Frage, wie diese ungenutzte Biomasse in nachhaltige Baumaterialien umgewandelt werden kann. Ich stellte ich fest, dass es kein Produkt gab, das aus recyceltem Stroh oder Agrarfasern besteht und gleichzeitig anspruchsvolle Geometrien – insbesondere Freiformen – zulässt. Diese Lücke wollte ich füllen und untersuchte drei Hauptgruppen von Bindemitteln: Thermoplaste, Duroplaste und Thermoelastomere.
Die Materialwissenschaft war anfangs eine Herausforderung, da ich aus der Architektur kam. Selbstständig eignete ich mir Wissen über Bindemittel und Verarbeitungsverfahren an. Im Laufe der Zeit habe ich intensive Kooperationen mit führenden Forschungseinrichtungen aufgebaut – etwa mit dem Fraunhofer-Institut und Expert:innen aus dem Flugzeug- und Automobilbau. Gerade diese Bereiche sind uns im Bauwesen in Sachen Leichtbau und Materialeffizienz weit voraus. Besonders spannend war für mich, wie viel Potenzial der Bausektor bietet, wenn Architekt:innen, Ingenieur:innen und Materialwissenschaftler:innen frühzeitig zusammenarbeiten. Dies zeigte mir, wie groß unser Einfluss auf den Lebenszyklus eines Gebäudes sein kann.
Während meiner Promotion habe ich mein erstes industrielles Projekt »PLUS« akquiriert – in Zusammenarbeit mit einer größeren Projektgruppe. Daraus entstand für mich eine Postdoc-Position. 2016 habe ich dann die Juniorprofessur am Institut für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (ITKE) erhalten und die Abteilung BioMat »Biomaterialien und Stoffkreisläufe in der Architektur« gegründet und aufgebaut. Inzwischen bin ich Assoziierte Professorin für nachhaltiges Design und integrierte Technologie an der Aalborg Universität – dem BioMat@Copenhagen, und gleichzeitig Geschäftsführerin der BioMat GmbH und der BioMat TGU bei der TTI GmbH in Stuttgart, wo auch meine Familie wohnt und mein Lebensmittelpunkt ist.

Was ist das primäre Ziel Ihrer Organisation oder Ihres Unternehmens und was unterscheidet es von anderen Herstellern in der Branche?

Hanaa Dahy: Wir arbeiten nach dem Prinzip ›Materials as a Design Tool‹ – einem Entwurfsansatz, bei dem das Material den Ausgangspunkt bildet, nicht die Geometrie. Ob es um ein gesamtes Gebäude oder einzelne Elemente geht: Unsere Planung basiert immer auf drei Hauptelementen:
den Materialien bzw. Ressourcen, den Fertigungstechnologien, die bestimmen, welche Form überhaupt produzierbar ist, und Computational Design, d.h. wir setzen stark auf computergestützte Entwurfsprozesse, die uns eine digitale Fertigung ermöglichen. Selbst bei konventionellen Verfahren wie Extrusion oder Pultrusion nutzen wir Computational Design, um Bauteile effizient zu gestalten und Herstellbarkeit zu optimieren.

Mein Unternehmen BioMat arbeitet entlang von vier Business Lines: Erstens Architektur- und Entwurfsplanung, zweitens die Entwicklung und Fertigung von Bauteilen, Elementen und Möbeln, drittens der Technologietransfer – also neue Materialien und Innovationen für andere nutzbar machen – und viertens: GIS und Remote Sensing als Dienstleistung, die wir künftig stärker sichtbar machen wollen.
Ich verbinde Forschung, Lehre, Design und Umsetzung – Unsere Entwicklungen bleiben nicht im Labor, sondern werden real gebaut: als Fassaden, Pavillons, Möbel, Bauteile. Dabei kooperieren wir mit Industriepartnern, Städten und Architekturbüros.
Wir sind dafür bekannt, dass wir biobasierte Rohstoffe wie Stroh, Flachs oder Kokos mit digitalen Technologien wie additive Fertigung, robotische Prozesse oder Verfahren aus anderen Branchen kombinieren – z. B. textilen Verfahren aus dem Flugzeugbau: TFP (Tailored Fibre Placement) erlaubt es, Langfasern robotisch in präzisen Bahnen zu platzieren – ein Verfahren, das auch als »Stitching« bezeichnet wird. Ich war die Erste, die TFP in die Architektur überführt hat – für leichte, belastbare, geometrisch komplexe Bauteile. Und das Verfahren ist skalierbar: von Einzelstücken bis zur Serienproduktion. Diese Verbindung – biobasierte Rohstoffe plus Hochtechnologie – ist etwas, das man in der Branche noch sehr selten findet.

Unsere Lösungen sind immer projektbasiert und individuell – keine Massenproduktion, aber skalierbar. Wenn Architekturbüros oder Unternehmen bestimmte Systeme (z. B. Fassadenelemente) in Serie bringen wollen, bieten unsere Verfahren die technologische Grundlage. Dabei begleiten wir den gesamten Entwicklungsprozess: vom Rohstoff über die Formfindung bis zur Fertigung.Unser Ziel: eine Brücke schlagen zwischen Forschung, Design und Baupraxis – mit funktionalen, tragfähigen und gestalterisch anspruchsvollen Materialien.

»Unser Ziel: eine Brücke schlagen zwischen Forschung, Design und Baupraxis – mit funktionalen, tragfähigen und gestalterisch anspruchsvollen Materialien.«
Assoc.-Prof. Hanaa Dahy

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen, aber auch mögliche Lösungen in Bezug auf Ihre eigene Arbeit oder den Bereich, in dem Sie direkt tätig sind?

Hanaa Dahy: Ganz klar: bei der Zertifizierung. Unser System ist technisch ausgereift und skalierbar. Dennoch erschweren uns administrative Hürden den Markteintritt. Obwohl wir über umfangreiche Materialdaten und Nachweise verfügen, sind offizielle Zulassungen – etwa durch Materialprüfungsanstalten – oft zwingende Voraussetzung für größere Bauprojekte. Diese Verfahren sind jedoch zeit- und kostenintensiv und übersteigen häufig den Projektwert. Für kleine Unternehmen ist das schwer tragbar, selbst wenn die Produkte bereits die Anforderungen erfüllen. Große Akteure können solche Prozesse leichter bewältigen – für uns sind sie eine echte Eintrittsbarriere. Besonders problematisch ist, dass für jede einzelne Eigenschaft – etwa Brandschutz – ein eigenes Zertifikat nötig ist. Solche Verfahren dauern Jahre und lohnen sich nicht bei kleinen Serien. Im Innenausbau ist der Druck geringer – hier sehen wir aktuell die besten Chancen für den Einstieg. Langfristig braucht es flexiblere, praxisnähere Zulassungen, die Innovation ermöglichen. Nur so lassen sich biobasierte Materialien im größeren Maßstab etablieren – ökologisch und zukunftsweisend.

Eine weitere zentrale Herausforderung liegt im System selbst – in Ausbildung wie Planungspraxis. Das Bauwesen folgt oft tradierten Strukturen, in denen neue Materialien, zirkuläres Denken und alternative Fertigungsmethoden kaum verankert sind. In vielen Büros wird mit dem gearbeitet, was bekannt ist – nicht aus Ablehnung, sondern aus Mangel an Wissen und Erfahrung mit biobasierten Lösungen. Diese Lücke beginnt bereits in der Lehre. Als ich beispielsweise im Oskar von Miller Forum einen Vortrag hielt, berichteten mir Bauingenieurstudierende, wie fasziniert sie seien – aber sie hätten nie gelernt, solche Systeme technisch zu planen oder zu berechnen. Ich selbst habe mir das nötige Material- und Ingenieurwissen damals eigenständig angeeignet – das kann aber nicht jede:r leisten. Wenn wir ernsthaft zirkulär und nachhaltig bauen wollen, braucht es eine tiefgreifende Reform der Lehre in der Architektur und angrenzenden Fachrichtungen wie Bauingenieurwesen, Geodäsie, Werkstofftechnik oder Maschinenbau. Andere Branchen – wie Luftfahrt oder Automotive – haben längst umgestellt, weil es um Effizienz und Leichtbau geht. Im Bauwesen gilt dagegen oft noch: Hauptsache langlebig.

Um Wandel zu ermöglichen, braucht es interdisziplinäre Teams, gezielte Weiterbildungen und institutionelle Anpassungen – etwa bei der HOAI, die Entwicklungsarbeit für zirkuläres Planen in frühen Leistungsphasen bislang nicht honoriert. Auch Forschung, Prototyping und Technologietransfer müssen stärker gefördert werden. Nur so lassen sich neue Materialien langfristig in der Baupraxis etablieren.

Wie beurteilen Sie den Einsatz biobasierter Baustoffe derzeit auf dem deutschen Markt und wie können diese Ihrer Meinung nach im derzeitigen Bauwesen am wirkungsvollsten integriert werden?

Hanaa Dahy: Das Interesse an biobasierten Baustoffen ist heute deutlich größer als noch vor zehn Jahren – insbesondere nach der Corona-Pandemie. Viele Menschen haben seither ein stärkeres Bewusstsein dafür entwickelt, welche gesundheitlichen Risiken von künstlichen Materialien ausgehen können. Trotzdem bleibt der Bausektor in Deutschland stark konventionell geprägt.

Was aktuell fehlt, ist eine strukturierte Zusammenarbeit zwischen Bauherr:innen, Politik und innovativen Unternehmen. Denn bislang tragen meist wir – die kleinen, forschungsgetriebenen Firmen – das gesamte Risiko für neue Entwicklungen. Das ist langfristig nicht tragfähig.

Häufig müssen bestimmte Anforderungen schon vor einer Beauftragung vollständig erfüllt sein. Diese Vorleistungen bedeuten für kleinere Unternehmen ein erhebliches finanzielles und organisatorisches Risiko. Hier braucht es transparente Regelungen und eine faire Aufteilung der Verantwortung, um Innovation zu ermöglichen, statt sie auszubremsen.

Natürlich machen wir Fortschritte – deutlich mehr als noch vor einigen Jahren. Doch gemessen an den ökologischen Herausforderungen kommen wir nicht schnell genug voran. Zwar ist das grundsätzliche Interesse an natürlichen Materialien in Deutschland erfreulich gewachsen, doch die tatsächliche Umsetzung bleibt begrenzt. Es fehlt an breiter Integration – sei es in der Planung, den Normen, den Regelwerken oder der Finanzierung. Vieles passiert nur dort, wo gezielt gefördert wird oder wo Einzelpersonen besonders engagiert sind.

Wo sehen Sie Möglichkeiten für technische Verbesserungen des Produkts, für eine Skalierung, für eine Erhöhung der positiven Auswirkungen auf die Umwelt, oder für eine bessere Integration in die Marktwirtschaft?

Hanaa Dahy: Viele biobasierte Materialien wie Stroh, Flachs, Hanf oder Kokosfaser gelten in Deutschland immer noch als Nischenprodukte. Sie stammen aus der Landwirtschaft, aus Abfallprozessen oder alternativen Kreisläufen, sind oft leicht, CO₂-negativ oder CO₂-neutral und bieten große Vorteile. Allerdings passen sie nicht in die traditionellen industriellen Fertigungsprozesse oder in die als »Standard« geltenden Praktiken vieler Planungsbüros.

Um diese Materialien effektiv zu integrieren, sind neue Fertigungsmethoden und Denkweisen erforderlich. In meiner Arbeit bei BioMat kombiniere ich biobasierte Materialien mit digitalen und additiven Fertigungsverfahren. Diese Technologie ermöglicht es, komplexe Geometrien mit biobasierten Materialien zu realisieren und sie in größeren Stückzahlen zu produzieren. Das ist skalierbar und umsetzbar.

Die wirkungsvollste Integration sehe ich darin, diese Materialien nicht einfach als Ersatz für bestehende Produkte zu sehen, sondern mit ihren eigenen gestalterischen und technologischen Qualitäten zu denken. Das erfordert eine neue Art der Planung – interdisziplinär, kollaborativ und offen für andere Produktionsketten. Und: Wir brauchen sichtbare Projekte im öffentlichen Raum, damit die Menschen sehen, wie zukunftsfähig, attraktiv und leistungsfähig solche Materialien heute schon sein können.

Wo sehen Sie Möglichkeiten, zirkuläre Methoden wie Modularität, Rückbaubarkeit, Wiederverwendung und Recycling mit dem Übergang zu naturbasierten Produkten oder Anwendungen zu kombinieren?

Hanaa Dahy: Ich sehe da sehr viele Anknüpfungspunkte. Biobasierte Materialien bringen bereits Qualitäten mit, die gut zu zirkulären Prinzipien passen. Wenn wir sie von Anfang an so denken – also modular, sortenrein, rückbaubar –, dann eröffnen sich völlig neue Konzepte. Doch das erfordert eine grundlegende Veränderung in der Art und Weise, wie wir entwerfen, planen und produzieren. Es reicht nicht aus, nur die Materialien zu wechseln – wir müssen das gesamte System neu gestalten.

In meiner Arbeit bei BioMat entwickeln wir beispielsweise modulare Fassadenelemente aus biobasierten Materialien, die vollständig rückbaubar und austauschbar sind. Dabei setzen wir additive Fertigungsverfahren ein, um nur das Material zu verwenden, das wirklich nötig ist – ohne Abfall oder Überproduktion. Diese Elemente lassen sich zudem anpassen, reparieren und recyceln, wodurch ein echter Kreislauf entsteht.

Ein wichtiger Aspekt ist auch die Rolle der Gestaltung. Modularität ist nicht nur eine technische, sondern auch eine gestalterische Frage. In meinen Projekten entsteht das Design oft direkt aus dem Material und dem Produktionsprozess. Diese Herangehensweise verleiht dem Bau eine besondere Formensprache und macht ihn flexibler. Ein Beispiel sind die Bioflexi-Paneele, die in unterschiedliche Formen gebracht, mehrfach verwendet oder weiterentwickelt werden können.

Zudem ist es entscheidend, solche Lösungen schon im Entwurf mitzuplanen. Das ist ein Punkt, den ich in der Lehre immer betone: Die jungen Architekt:innen und Ingenieur:innen müssen lernen, zirkuläres Denken nicht als Zusatz, sondern als integralen Bestandteil ihres kreativen Prozesses zu begreifen.

»Wenn wir es schaffen, Material, Design und Technik von Anfang an zirkulär zu denken, können biobasierte Lösungen wirklich ihre Wirkung entfalten.«
Assoc.-Prof. Hanaa Dahy

Welche Strategie oder welche spezifischen Lösungen sehen Sie als entscheidend für eine nachhaltige Entwicklung der Region Baden-Württemberg oder allgemein in Deutschland an?

Hanaa Dahy: Eine nachhaltige Entwicklung braucht mehr als neue Materialien – sie erfordert eine strukturelle Veränderung im Bauwesen und in der Ausbildung. Es reicht nicht, Innovationen zu fördern, wenn gleichzeitig die Systembedingungen sie blockieren. Die HOAI etwa vergütet viele nachhaltige Konzepte nicht oder schließt sie aus. Was nicht im Katalog steht, wird nicht bezahlt – das hemmt Innovation und macht nachhaltige Planung oft zu einer Frage des Idealismus.

»Was nicht im Katalog steht, wird nicht bezahlt – das hemmt Innovation und macht nachhaltige Planung oft zu einer Frage des Idealismus.«
Assoc.-Prof. Hanaa Dahy

Die Reform muss ganzheitlich ansetzen: in der Lehre für alle relevanten Fachrichtungen und in den Rahmenbedingungen für Planung und Ausschreibung. Nur so wird nachhaltiges Bauen vom Sonderfall zum Standard.

Es gibt bereits positive Ansätze – etwa die MaterialBank (ehemals raumPROBE) in Stuttgart, die nachhaltige Baustoffe sichtbar macht, vernetzt und mit der jährlichen Auslobung ihres Materialpreises Anreize schafft: ich bin übrigens die Person mit den meisten Auszeichnungen. Solche Plattformen, kombiniert mit gezielten Anreizen, können echten Wandel fördern.

Wenn Baden-Württemberg eine Vorreiterrolle einnehmen will, braucht es Mut zur strukturellen Veränderung. Nicht nur Pilotprojekte, sondern Bedingungen, unter denen nachhaltige Ansätze skalierbar und wirtschaftlich umsetzbar sind.

Call for action: Was ist Ihr Wunsch, was sollten die Akteur:innen im Bauwesen heute tun, um ihre Projekte mit natürlichen und kreislauffähigen Baustoffen zu realisieren?

Hanaa Dahy: Mein Wunsch ist, dass alle Akteur:innen im Bauwesen ihre Verantwortung bewusst wahrnehmen und gemeinsam an einer nachhaltigen Zukunft arbeiten. Es reicht nicht, wenn dieses Thema nur von Einzelnen oder aus der Forschung kommt. Es muss in die Mitte der Gesellschaft getragen werden – in die Büros, die Behörden und die Praxis.

»Mein Wunsch ist, dass alle Akteur:innen im Bauwesen ihre Verantwortung bewusst wahrnehmen und gemeinsam an einer nachhaltigen Zukunft arbeiten.«
Assoc.-Prof. Hanaa Dahy

Planer:innen spielen eine zentrale Rolle, da sie in frühen Phasen wichtige Entscheidungen treffen. Wenn sie biobasierte oder zirkuläre Materialien nicht vorschlagen, werden diese nicht berücksichtigt. Dafür ist es wichtig, dass sie gut informiert und geschult sind, insbesondere durch Fortbildung für Berufstätige, die nicht in ihrer Ausbildung mit diesen Themen vertraut gemacht wurden.

Mehr Informationen zu den Produkten und Anwendungen: BioMat – Naturfaserverstärkte Kunststoffe (Biokomposite)

BioMat Pavilion 2018. Bild: BioMat
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